Ein Maltreff mit Vorbildcharakter

Inklusion: Wie in 20 Jahren „Kunst und Diakonie“ Lützelsachsen zu „Mäh-Hausen“ wurde und ein Künstler seine Angst überwand.

Es wurde gelacht, gestaunt, gesungen und ein paar Tränen vergossen: Die Festveranstaltung von „Kunst und Diakonie“, bei der der Blick auf 20 Jahre Kunstaktionstage – gestaltet von Teilnehmern mit und ohne Behinderung unter Anleitung von Künstlern gerichtet wurde, zeugte von großer Wertschätzung für eine Initiative mit Vorbildcharakter.

Symbolbild: Foto von Tim Gouw | pexels | pexels.comde-defotokunst-kreativ-dreckig-bunt-5800235

Überraschende Aussagen

Bei Kurzinterviews von Dr. Renate Breithecker mit Künstlern und Teilnehmern staunten die Zuhörer zum Beispiel darüber, dass Künstler Horst Busse, in Erinnerung an den ersten Kunstaktionstag im Jahr 2005, ehrlich bekannte: „Ich hatte richtig Angst, weil ich nicht wusste, wie die Teilnehmer reagieren würden. Dann war es viel einfacher, als ich dachte.“

Teilnehmer aus dem Pilgerhaus wie Vanessa Schmidt oder Andreas Weygoldt, deren Arbeiten sogar Kunstpreise vom unterstützenden Lions Club Weinheim erhielten, ließen im Gespräch mit der Interviewerin auch ihre Freude am wöchentlichen Malen in der Pilgerhaus Gruppe deutlich erkennen.

Mit Rainer J. Roth befragte Renate Breithecker einen Gastteilnehmer der Kunstaktionstage, der außerdem die „Galerie im Schloss“ in Hemsbach für Bilderausstellungen zur Herzensangelegenheit geworden. Ralf Josef Rogala von der Malgruppe der Behindertenhilfe Bergstraße verriet schließlich ein lustiges Geheimnis:

Die Künstler aus Bensheim Auerbach wurden 2009 von Hans Joachim Klimisch schriftlich zum Mitmachen eingeladen. „Wir kamen mit klopfendem Herzen nach Lützelsachsen, und ehe wir ins Pilgerhaus gingen, schauten wir dort im Freigehege bei den Schafen vorbei. Deshalb heißt es bei uns bis heute vor einem Kunstaktionstag: Wir fahren nach Mäh-Hausen.“

Fetzige Band

Anne Kathrin Keuk moderierte durch ein buntes und abwechslungsreiches Programm, dem die Band „Different Stars“ des Pilgerhauses musikalisch viel Schwung verlieh. Die Sänger Christian, Cedrik, Alex und Wisam sangen zur Keyboard Begleitung von Johannes: „Wir sind super, weil wir glücklich sind“, ehe Uwe Gerbich Demmer, der Leiter des Kooperationspartners Pilgerhaus, neben Klimisch weiteren „Motoren“ dankte, denen die Kunstaktionstage ihre Erfolgsgeschichte verdanken.

Beifall gab es für Rainer Ackermann: Der Vorsitzende des Evangelischen Gemeindebauvereins Lützelsachsen hatte die Idee zu einem inklusiven Maltreff bei einem gemeinsamen Besuch mit Klimisch im Jahr 2003 in Öflingen bei Kunstpfarrer Paul Gräb geboren. Auch dort malten im Haus der Diakonie Menschen mit Behinderungen unter Anleitung eines freischaffenden Künstlers.

Zu den Förderern der Kunstaktionstage in Lützelsachsen gehört neben Gemeindepfarrer Jan Rohland auch Dr. Gerd Cuny als langjähriges Mitglied der Organisatorengruppe. Beifall gab es zudem für Wilfried Bootz, den Vertreter des Lions Clubs Weinheim, der seit Jahren dafür sorgt, dass es genügend Farben, Pinsel, Leinwände und Rahmen für den Kunstaktionstag gibt, und die Initiative finanziell, personell sowie durch die Verleihung eines Kunstpreises unterstützt.

Nicht vergessen wurde auch das Engagement des leider verstorbenen Dr. Hans Jochen Hüchting, der die Leitung von Klimisch übernommen hatte. Seit 2024 setzen Renate Breithecker und Anne Kathrin Keuk als Sprecherinnen Duo die Arbeit der Initiativgruppe fort.

Festschrift mit Kunstwerken

Dass „Kunst und Diakonie“ Menschen verbindet, sich der Inklusion als brandaktueller, täglicher Herausforderung stellt und sie mit 26 Kunstaktionstagen samt Ausstellungen in Hemsbach, im Hector Sport   Centrum der TSG Weinheim und an anderen Orten in 20 Jahren beispielhaft lebte, wurde im „Lützeltreff“ spürbar.

Rund um die vollbesetzten Tische waren an Stellwänden 26 Bilder zu sehen. Jedes einzelne Werk stand für eines der Maltreffen und taucht auch in einer mit Hilfe von Renate Barth bebilderten, bunten Festschrift auf, die viele Gäste mit nach Hause nahmen.

Auf Augenhöhe, mit Wertschätzung und Respekt soll die kraftvolle und vielbeachtete Kooperation zwischen evangelischer Kirchengemeinde und Pilgerhaus fortgesetzt werden. Dass dies gelingt, ist nicht nur für ihren Initiator Hans Joachim Klimisch ein Herzenswunsch.

Quellverweis für diesen Bericht: „Weinheimer Nachrichten“ („Odenwälder Zeitung“) / 03.06.2025 / www.wnoz.de

Artikel in den Weinheimer Nachrichten vom 03.06.2025: